Nur das Happy End fehlt….
…in der Nammer Erfolgsgeschichte.
Dorfgemeinschaft hat ihre Aufgaben erledigt – aber Stadt und Straßen NRW kommen beim wichtigsten Projekt nicht nach
Die Umleitung der Brummis um den Ortskern wird zwischen den Behörden zerrieben.
Von Kurt Römming
Nammen (krö). Niedergeschlagenheit herrschte in Nammen, als 2013 die Grundschule geschlossen wurde. Fast zeitgleich machten beide Bankinstitute ihre Filialen dicht. – Doch dann ging ein Ruck durch die Einwohnerschaft. Unternehmer Helmuth Kahl hatte den Schulkomplex gekauft und der Dorfgemeinschaft die ebenerdigen Klassenräume, den Schulhof und die Turnhalle zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt. Unter der Trägerschaft des Heimatvereins wurde freitags die Doppelveranstaltung Dorftreff und Wochenmarkt auf die Beine gestellt. Vom Beginn an entwickelte sie sich zu einem Selbstläufer – in der sechsten Saison leider ausgebremst durch Corona.
Für die Verwaltung der früheren Schulsporthalle gründete sich damals der Verein Turnhalle e. V. Zum Dorftreff-Team, zuständig für das wöchentlich wechselnde Speisenangebot, schlossen sich zwanzig Ehrenamtliche zusammen.
Für die Dorfgemeinschaft hatte der damalige Aufbruch Initialzündung und fand eine Fortsetzung. Die Dorfwerkstatt stellte sich auf. Zehn Projekte enthielt der Katalog, den die Nammer in einer Bürgerversammlung in der früheren Schule ausarbeiteten und in einer Prioritätenliste gewichteten. Unmittelbar trafen sich die Themengruppen, die mit der Unterstützung eines Planungsbüros für Dorfentwicklung die Probleme für das Dorfinnenentwicklungsprojekt (DIEK) aufarbeiteten und vorlagereif machten. Von der Stadt und der Bezirksregierung Detmold genehmigt, konnten die Initiatoren das DIEK im Frühjahr 2017 übernehmen, Fördersumme 16 000 Euro.
Parallel begannen die verschiedenen Teams mit der praktischen Arbeit und der Umsetzung der Ziele. Die in eigener Hand liegenden dorfeigenen Projekte sind inzwischen abgeschlossen. Aus dem Punkt 1 der Prioritätenliste, der Gestaltung des Ortskernes, im DIEK als “Neue Mitte“ bezeichnet, hat die Stadt kürzlich die Neupflasterung des Kapellenvorplatzes und Böhnen Gang mit Nebenarbeiten abgeschlossen (wir berichteten). Nur beim wichtigsten Problem des Punktes 1, der Verbannung des Schwerlastverkehrs aus dem Ortskern – hier sind die Stadt und die Landesbehörde Straßen NRW am Zug – tut sich nichts. Man ist sich total uneins.
Dabei hatte alles verheißungsvoll begonnen. 2016/17 baute die Stadt Gerds Diek aus, ständig wiederholt und vorrangig als Umgehungsstraße für die Brummis angekündigt, Länge 1,2 km, Kosten 1,1 Millionen Euro, mit 60 Prozent vom Land bezuschusst. Doch dann kam die Ernüchterung: Straßen NRW lehnte die Übernahme der stadteigenen Umgehung als Landesstraße im Tausch gegen die enge Ortsdurchfahrt mit vier rechtwinkligen Kurven auf weniger als 300 Metern mit der Begründung ab, die neue Trasse erfülle wegen zu geringer Fahrbahnbreite und zu engen Einmündungen an der Straße Zur Porta (südlich) und der Rintelner Straße (nördlich) nicht die Kriterien einer Landesstraße.
In Nammen ist man empört, dass die Stadt mehr als zwei Jahre nach der Einweihung in der Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen nicht einmal eine entsprechende Hinweisbeschilderung auf die vorhandene Umfahrung des Ortskernes geregelt bekommen hat und wirft den Verantwortlichen Behördenversagen vor. Dazu Karl-Heinz Daum, seit Jahren einer der Motoren der Dorfgemeinschaft: „Es fehlt der Wille, hier wird Behördenverdrossenheit geschürt.“ Es sind nur wenige Lkw, die täglich die Umleitung nehmen, wird von Anliegern berichtet.
Stolz sind die Nammer auf die zurückliegend selbst erreichten Ziele, 2017 im Dorfinnenentwicklungskonzept gebündelt. Im Vorjahr konnte gegenüber der Kapelle der Dorfladen eröffnet werden, getragen vom Verein „Laurentiuslädchen e. V.“ unter der Federführung von Heike Bünte. Um die vierzig Ehrenamtliche sorgen für einen reibungslosen Geschäftsbetrieb, unter Beachtung aller Auflagen auch in schwierigen Corona-Zeiten. Dem Dorfladen angegliedert ist das gut angenommene Dorfcafé, wegen der Pandemie zurzeit geschlossen. Auch das Dorfbüro mit der Aufgabe, die Nachbarschaftshilfe zu koordinieren, ist hier in einem separaten Raum zuhause. Die eingerichtete kleine Dorfbücherei mit den zwei Standorten in der Schule und dem Dorfladen bietet die Möglichkeit zum Tauschen oder Ausleihen verschiedenster Literatur.
Lars Theine hat mit der Unterstützung des Fraunhofer-Instituts Bonn die Dorf-App „Aktuelles aus Nammen“ eingerichtet (www.nammen-online.de). Das Team Kerstin Zahn und Ute Bulmahn stellte in einem neuen Rundwanderweg, ausgearbeitet für den Wandertourismus im heimischen Raum, die St. Laurentius-Kapelle, mit bald 500 Jahren Deutschlands älteste Kapelle in Reinfachwerk, als Anlaufpunkt besonders heraus. Der dem Tourismusverband zur Aufnahme in das Kartenwerk gemeldete Weg ist ausgeschildert und navigationsmäßig bereits ins Netz gestellt worden.
Eine Elterninitiative übernahm den früher städtischen Kinderspielplatz im Kalksteinbruch an der Laurentiusstraße und „möbelte ihn auf“. Der neue Abenteuerspielplatz „Wolfsschlucht“, u. a. mit einer Seilbahn ausgestattet, bietet den Kindern viele Beschäftigungsmöglichkeiten. Als eines der DIEK-Projekte initiierten die Feuerwehr-Oldies 2017/18 die Restaurierung des Ehrenmales am Friedhof für die Gefallenen und die Opfer des Ersten und Zeiten Weltkrieges. Sie nahmen den Kapellenverein mit ins Boot und brachten für die Arbeiten erfreuliche 5300 Euro an Spendengeldern zusammen.
Fazit: Die Nammer haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Hände werden aber nicht in den Schoß gelegt. Es gibt kein Projekt, das nicht hier oder dort verbessert werden kann oder ständiges Mitarbeiten erfordert. – Und dann bleiben da die täglichen Brummis im Ortskern. „Unverständlich,“ sagt ein Anlieger der Straße Tannenkamp, „eine Spedition in der Nachbarschaft, die 40 Tonner-Silofahrzeuge mit Versatzmaterial zur Barbara rollen täglich hin und her, und da bringen die Behörden bei der fertigen Ortsumfahrung keine Beschilderung zustande.“
Seit ihrem Beginn ein Selbstläufer: die Doppelveranstaltung Dorftreff und Wochenmarkt in Nammen.
Ein Aushängeschild: der vom Verein „Laurentiuslädchen e. V.“ betriebene Dorfladen mit Dorfcafé gegenüber der St. Laurentius-Kapelle
Die Sorge der Nammer: die Brummis in der engen Ortsdurchfahrt.
Fotos: Kurt Römming